Franz Liszt, der es sich als weltberühmter Virtuose leisten konnte, sich selbst von Königen und Kaisern nicht einschüchtern zu lassen, gab ein Konzert in der Wiener Hofburg. Natürlich hatte der Polizeichef sorgfältig Erkundigungen eingezogen, ob man es wagen könnte, den in Ungarn geborenen Künstler dem Kaiser zu präsentieren, denn seit den Unabhängigkeitskämpfen von 1848 1849 mißtraute man in Österreich jedem Ungarn. Am Ende seines Konzertes um eine Zugabe gebeten,

spielte Franz Liszt den Tákóczy-Marsch, die in Österreich verbotene Freiheitshymne der Ungarn. Die anwesenden Hofleute erbleichten über diese Kühnheit. Der Kaiser erwies sich jedoch als echter Souverän. Er applaudierte, bat um eine Wiederholung des Marsches und meinte dazu: „Wissen Sie, verehrter Meister, ich habe sonst keine Gelegenheit, diesen prächtigen Marsch zu hören.“