Als Gustav Mahler die Direktion der Wiener Hofoper übernahm, bestand das Orchester vorwiegend aus altgedienten Mitgliedern, die sich als Musikpädagogen, Kammermusiker und Solisten zahlreiche Nebeneinnahmen verschafften. Sie setzten Mahlers Reformplänen und seiner Arbeitsintensität energischen Widerstand entgegen. Deshalb schickte er allzu renitente Musiker in Pension und ersetzte sie durch ehrgeizige junge Kräfte. Als Mahler wieder einmal die Probenzeit weit überschritten hatte, beschwerte sich

ein altgedienter Orchestermusiker, der eine Stelle zehnmal hatte wiederholen müssen: „Wo soll ich denn bei diesen langen Proben die Zeit für meine vielen Privatstunden hernehmen?“ Darauf meinte der Mahler scheinbar verständnisvoll: „Beruhigen Sie sich, mein Lieber, Sie werden bald Zeit genug haben, Ihre pädagogischen Fähigkeiten voll zur Entfaltung zu bringen.“