Fahrprüfung.
„Herr Hirsch, Sie wollen also Ihren Führerschein machen. Nun gut, da habe ich noch eine Frage an sie, wenn sie die richtig beantworten, haben sie die Prüfung bestanden. Sie kommen an eine Kreuzung zweier gleichberechtigter Straßen, von rechts kommt ein Auto. Wer hat die Vorfahrt?“
„Da kommt ein Auto, sagen sie? Eins jener Fortbewegungsmittel, die wie von Geisterhand beflügelt den Menschen hierhin bald mal dorthin bringen?“
„Herr Hirsch, beantworten sie meine Frage! Welcher Wagen hat nun die Vorfahrt?“
„Das weiß ich doch nicht, wer in jenem Auto sitzt. Ist es ein Jüngling, den Amors Pfeile zur Liebe trieb, dem geb ich die Vorfahrt gern!“
„Herr Hirsch, bitte beantworten sie meine Frage! Sie kommen an eine Kreuzung“
„Ein Kreuzzug? Bin auch ich berufen? Oh, so zieht.“
„Herr Hirsch, eine Kreuzung, zwei Straßen treffen auf einander.“
„Zwei Straßen treffen auf einander, oh kniet mit mir nieder, dieses seltene Glück zu preisen! Denn da, wo man sich trifft, da ist Begegnung, ist Leben, ist Musik, sind schöne Frauen…“
„Herr Hirsch, es reicht jetzt! Rechts oder Links?!?“
„Rechts oder Links! Welch große Frage!

Vor ihr stand Beckenbauer einst als er von Rummenigge angespielt sich frug, wohin des Leders Rund er flanken sollte. Nach links, auf Müllers schlagewaltigen Fuß, nach rechts, wo er das Lockenhaupt des Ulli Höhnes sich nach dem Balle
drängen sah…“
„Herr Hirsch, zum letzten mal. Welcher Wagen hat die Vorfahrt?“
„Welcher Wagen? Wie sich nutzlos und dem Augenblick verhaftet solch Frage mir denkt! Denn wie der Wagen selber, der eben noch im bunten Lacke schon morgen rostend auf der Halde ruht, so auch der Mensch, so du, so ich, dann hatïs ein Ende mit der Fragerei nach Vorfahrt, Vorfahrt, Vorfahrt!“
„Es hat ein Ende! Ich habe keine Fragen mehr!“
„Keine Fragen mehr? Oh Glückes Geschick!“
„Sie sind durchgefallen!“
„Durchgefallen, oh garstig Wort! Wie sag ich’s dem Vater? Wie der Mutter, wie der Kinder siebenköpfger Schar?“
„RAUS!!“
„Raus? Arschloch!!!“
(Otto Waalkes)