Brief einer ostfriesischen Mutter an ihren Sohn

Lieber Sohn!
Ich schreibe diesen Brief, damit Du weißt, daß ich noch lebe. Ich schreibe laaangsaaam, weil ich weiß, daß Du nicht so schnell lesen kannst.
Wenn Du wieder nach Hause kommst, wirst Du unsere Wohnung nicht wiedererkennen, weil wir nämlich umgezogen sind. In der neuen Wohnung stand schon eine Waschmaschine. Ich tat Vaters 14 Hemden hinein und zog an dieser Kette. Die Hemden habe ich bis heute nicht mehr wiedergesehen!
Vater hat jetzt eine neue Arbeit bekommen. Er hat 500 Leute unter sich. Er mäht den Rasen auf dem Friedhof.
Letzte Woche ist Onkel Otto in einem Whiskyefaß ertrunken. Einige Männer wollten ihn retten, aber er leistete heftigsten Widerstand. Wir haben ihn verbrennen lassen. Es dauerte fast 3 Tage, bis wir ihn gelöscht hatten.
Deine Schwester hat gestern ein Kind bekommen. Da wir nicht genau wissen, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist, wißen wir auch nicht, ob Du nun Onkel oder Tante geworden bist.
Es hat letzte Woche 2 mal geregnet – zuerst 3 Tage und dann 4 Tage. Es hat so gedonnert, daß unser Huhn viermal das gleiche Ei gelegt hat.
Am Dienstag sind wir alle gegen Erdbeben geimpft worden.
Ach ja, ich wollte Dir noch 50,- DM als Überraschung beilegen. Geld kann man ja immer gebrauchen. Aber leider war der Brief an Dich schon zugeklebt!
Bis dann, bleib brav, denk auch mal an mich!

Deine Mutter